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„Jeden zweiten Tag stirbt ein Pferd“: Tierschützer fordern radikales Umdenken im Rennsport

Tragödie auf einer englischen Rennbahn: Drei Pferde sterben an einem einzigen Renntag. Doch das Ganze ist nur die Spitze des Eisbergs, lautet die Einschätzung einer Expertin.

Pferderennen
(Quelle: Wix.com)

Cheltenham, England – Es hätte ein strahlender Moment sein sollen: Der Jockey Sean Bowen überquerte lachend die Ziellinie des Holland Cooper Handicap Chase, sein dunkelbraunes Pferd „Abuffalosoldier“ hatte ihm den Sieg gebracht. Doch nur Sekunden später brach das siebenjährige Tier unter ihm zusammen. Vor den Augen tausender Zuschauer und der laufenden TV-Kameras kämpfte ein Team erfahrener Tierärzte vergeblich um sein Leben.


Und das war erst der Anfang eines tragischen Tages: Zwei weitere Pferde starben wenig später aufgrund eines „trainingsbedingten plötzlichen Todes“, wie es offiziell bezeichnet wird. Keine gute Werbung für einen Sport, der immer wieder mit schockierenden Bildern in die Schlagzeilen gerät.


„Jeden zweiten Tag stirbt ein Pferd“


Der Vorfall in Cheltenham ist kein Einzelfall. Nach Angaben der britischen Tierschutzorganisation Animal Rising stirbt im Schnitt jeden zweiten Tag ein Pferd auf einer britischen Rennbahn – sei es durch Verletzungen, Stürze oder Herz-Kreislauf-Probleme.


„Obwohl die Todesfälle tragisch waren, sind sie leider nichts Ungewöhnliches“, sagt Orla Coghlan von Animal Rising.

Diese alarmierenden Zahlen führen seit Jahren zu hitzigen Debatten. Tierschutzorganisationen wie die Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (RSPCA) setzen auf strengere Regulierungen, während radikalere Gruppen die vollständige Abschaffung von Pferderennen fordern.


Im vergangenen Jahr sorgte die Organisation Animal Rising für Schlagzeilen, als Aktivisten

das berühmte Grand National blockierten. Obwohl über 110 Personen festgenommen wurden, gelang es, die Aufmerksamkeit auf die Gefahren für die Tiere zu lenken.


Pferderennen: Symbol der britischen Kultur oder gefährlicher Sport?


Pferderennen gehören nach Fußball zu den beliebtesten Sportarten Großbritanniens. Jährlich besuchen rund fünf Millionen Menschen die Rennen – ein bedeutender Wirtschaftszweig und ein fester Bestandteil der nationalen Identität. Die Royal Ascot Racing Week, ein fünftägiges Event, zieht jedes Jahr Hunderttausende an und ist der Treffpunkt der britischen Elite.


„Das Pferd ist ein Symbol der Nation“, erklärt Historikerin Erica Munkwitz im Gespräch mit fr.de. Von der Wachablösung der Royal Guards bis hin zu den zahllosen Pubs mit Pferdenamen ist die Verbindung zwischen Mensch und Tier in der britischen Kultur tief verwurzelt. Doch genau diese Tradition macht es schwierig, Kritik an den Schattenseiten des Sports laut werden zu lassen.


Ein unausgesprochenes Dilemma


Trotz der wiederkehrenden Tragödien hält die Mehrheit der Briten an den Pferderennen fest. Die Kombination aus Tradition, Wettkultur und wirtschaftlichem Einfluss macht es schwer, Veränderungen durchzusetzen.


Für Tierschützer wie Orla Coghlan ist die Lösung klar: „Nur die Abschaffung der Rennen kann diese tödliche Routine beenden.“ Doch Organisationen wie die RSPCA hoffen auf Reformen statt eines kompletten Verbots, etwa durch kleinere Starterfelder oder weniger Hindernisse.


Eine Tradition auf der Kippe?


Die tödlichen Unfälle in Cheltenham werfen einen dunklen Schatten auf die britische Rennsportkultur. Während die Bilder des sterbenden „Abuffalosoldier“ die Öffentlichkeit erschüttern, bleibt die Frage: Kann ein Land, das so eng mit Pferden und Reitsport verbunden ist, sich von einer Tradition lösen, die Leid und Tod mit sich bringt?


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