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Isabell Werth: Wieder nicht "Sportlerin des Jahres" – aber sie beschwert sich nicht

Die achtmalige Olympiasiegerin Isabell Werth triumphiert beim Grand Prix in der Frankfurter Festhalle. Doch trotz ihrer unangefochtenen Dominanz in der Dressur steht die erfolgreichste Reiterin der Welt immer noch nicht an der Spitze der Wahl zur Sportlerin des Jahres. Warum, das bleibt ein Rätsel – auch für sie.

Isabell Werth mit Olympiamedaille
(Quelle: @isabell_werth / Instagram)

Isabell Werth präsentierte sich beim Frankfurter Festhallen-Reitturnier in Topform. Mit ihrem 14-jährigen Wallach Quantaz gewann die Rheinbergerin den Grand Prix mit einer Wertung von 75,022 Prozent. Doch der Weg zum Sieg war alles andere als leicht.


„Im Training war er noch gelassen, aber vor den Richtern war er richtig wach“, beschreibt Werth die Herausforderung.

Für den Spécial am Samstag rechnet sie mit einer weiteren Steigerung seines Potenzials. Auf die Kür verzichtet sie bewusst: „Ich will, dass er mal wegkommt von der Musikatmosphäre.“ Stattdessen setzt sie auf puren Sport, bevor Quantaz in Basel und Amsterdam wieder zu musikalischen Rhythmen tanzt.


Die ewige Zweite: Warum Werth nie Sportlerin des Jahres wird


Während Werth im Dressurviereck dominiert, bleibt ihr ein großer Titel bis heute verwehrt: der Sieg bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres. 2024 erreichte sie zwar den vierten Platz, doch die oberste Stufe des Podests blieb ihr erneut verwehrt.


„Warum, das müssen Sie die Journalist:innen fragen“, sagt Werth mit einem Hauch von Ironie. Sie verweist auf die gängigen Vorurteile gegenüber ihrer Sportart: „Es heißt oft, dass es nicht nur um die Leistung des Reiters geht, sondern auch um das Pferd, das man sich leisten kann.“


Dabei verschweigt sie, dass in anderen Disziplinen technische Hilfsmittel eine große Rolle spielen – etwa in der Formel 1, deren Fahrer dennoch die Auszeichnung gewannen.


Reiterei: Sportart mit schwindender Lobby


Werth sieht die mangelnde Anerkennung des Reitsports in Deutschland als Teil eines größeren Problems. „Unser Image sinkt, und die sportpolitische Bedeutung nimmt ab. Wir haben nicht mehr die gleiche Lobby bei den Medien.“


Sie kritisiert den Fokus auf den Fußball: „Es ist Fußball, Fußball, und nochmal Fußball, dann kommt eine Lücke, und erst danach andere Sportarten.“ Diese Dominanz spiegelt sich nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch im Medaillenspiegel wider.


Ein weiteres Problem sieht Werth in der fehlenden Nachwuchsförderung. „Die ländliche Reiterei bricht weg, und damit auch ein wichtiger Rekrutierungspool für Talente.“ Positiv bewertet sie jedoch Initiativen der FN, wie die Förderung von Schulpferden, um den Zugang zum Reitsport zu erleichtern.


Historische Erfolge, aber wenig Anerkennung


Der Reitsport hat in Deutschland eine lange Erfolgsgeschichte, doch die Wahl zur Sportlerin des Jahres spiegelt dies nicht wider. Der letzte große Sieg eines Pferdesportlers bei dieser Auszeichnung liegt 55 Jahre zurück: 1969 gewann die Springreiter-Equipe den Titel. Selbst Christian Kukuk, der in Paris Einzelgold im Springreiten holte, landete 2024 nur auf Platz 16.


Versailles und „Legende des Sports“: Werths Lichtblicke


Trotz der Herausforderungen sieht Isabell Werth auch positive Entwicklungen. Die eindrucksvollen Bilder aus Versailles, die während der Dressurwettbewerbe der Olympischen Spiele entstanden, und die zunehmende Präsenz des Reitsports im Fernsehen hätten geholfen, die Disziplin wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.


Ein persönlicher Höhepunkt für Werth war die Ehrung zur „Legende des Sports“ beim Frankfurter Sportpresseball im November 2024. „Das macht mich sehr stolz“, sagt sie.


Kämpferin im Viereck und darüber hinaus


Isabell Werth bleibt eine der prägendsten Figuren des deutschen Sports, auch wenn sie nicht die gleiche Anerkennung erfährt wie Athleten aus anderen Disziplinen. Mit ihrer Leidenschaft für den Reitsport und ihrem Engagement für die Nachwuchsförderung zeigt sie, dass sie nicht nur eine außergewöhnliche Reiterin, sondern auch eine Botschafterin für ihre Sportart ist.


„Der Sieg im Viereck ist nur ein Teil des Ganzen“, sagt Werth. „Es geht darum, unsere Werte und unsere Begeisterung für den Reitsport weiterzugeben – an die nächste Generation.“


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