Kissing Spines bei Pferden: Erkennen, Behandeln und Vorbeugen
- pferdewelten
- 11. Nov. 2024
- 4 Min. Lesezeit
„Kissing Spines“ ist eine Erkrankung der Wirbelsäule beim Pferd, die oft schmerzhaft und einschränkend für das Tier ist.

Der Begriff Kissing Spines bezeichnet eng beieinanderliegende oder sich berührende Dornfortsätze (Processus spinosi) im Rücken, die zu Reizungen und Entzündungen führen können.
Dieser Ratgeber soll Pferdebesitzern helfen, Kissing Spines zu erkennen, die besten Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um das Wohlbefinden ihres Pferdes zu verbessern.
Was sind Kissing Spines?
Kissing Spines treten auf, wenn die Dornfortsätze der Wirbel in der Rückenregion zu eng aneinanderliegen oder sich sogar berühren. Normalerweise befinden sich die Dornfortsätze in einem Abstand voneinander, der eine schmerzfreie Bewegung ermöglicht. Sind die Abstände jedoch zu gering, kann dies zu Reibung, Entzündungen und schließlich zu Schmerzen führen.
Die Erkrankung tritt besonders häufig in der Sattellage, also im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, auf. Sie kann Pferde jeden Alters, jeder Rasse und jeder Nutzungsform betreffen, wird jedoch vermehrt bei intensiv genutzten Sportpferden diagnostiziert.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für Kissing Spines sind noch nicht vollständig geklärt, aber einige Faktoren können das Risiko erhöhen:
Genetische Veranlagung: Eine gewisse genetische Prädisposition kann dazu führen, dass Pferde mit einer engeren Dornfortsatzstruktur geboren werden.
Fehlbelastung und Überlastung: Eine schlechte Sattelpassform, unausbalanciertes Reiten oder schwere körperliche Arbeit ohne ausreichende Rückenmuskulatur begünstigen die Entstehung von Kissing Spines.
Mangelhafte Ausbildung und Bewegungsmangel: Falsche Bewegungsabläufe, insbesondere wenn das Pferd den Rücken nicht richtig aufwölbt, können zu einer übermäßigen Belastung der Wirbelsäule führen.
Alter und Wachstum: Junge Pferde, die früh intensiv trainiert werden, oder ältere Pferde, deren Muskeln schwächer werden, sind häufiger von Kissing Spines betroffen.
Symptome von Kissing Spines
Die Symptome sind vielfältig und oft unspezifisch, weshalb Kissing Spines schwer zu diagnostizieren sind. Typische Anzeichen umfassen:
Rückenempfindlichkeit: Das Pferd reagiert empfindlich auf Druck im Rückenbereich oder beim Putzen und Satteln.
Leistungsverlust: Pferde mit Kissing Spines zeigen oft Leistungseinbrüche, Schwierigkeiten beim Springen oder der Dressurarbeit.
Verhaltensänderungen: Viele Pferde entwickeln Unwilligkeit oder Abwehrreaktionen beim Reiten, Bocken oder Steigen.
Steifer Gang und Bewegungsunlust: Das Pferd bewegt sich steif, zeigt Verweigerung bei Übergängen oder Widersetzlichkeit beim Seitwärtsgehen.
Haltungsschwierigkeiten: In fortgeschrittenen Fällen zeigen Pferde oft einen permanenten Hohlrücken und senken den Kopf nicht mehr bereitwillig.
Diagnose von Kissing Spines
Die Diagnose erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Tierarzt und umfasst mehrere Schritte:
Klinische Untersuchung: Der Tierarzt untersucht das Pferd auf Empfindlichkeiten und Bewegungseinschränkungen und beobachtet das Gangbild.
Röntgenaufnahmen: Die Röntgendiagnostik ist das wichtigste Werkzeug, um Kissing Spines zu bestätigen. Die Bilder zeigen die Nähe oder Überlappung der Dornfortsätze und eventuelle Veränderungen wie Knochenauswüchse.
Ultraschall und Szintigraphie: In manchen Fällen wird ein Ultraschall oder eine Szintigraphie durchgeführt, um Entzündungen und andere Gewebeschäden im Detail darzustellen.
Da die Symptome oft unspezifisch sind, können weitere diagnostische Schritte, wie eine Blockade (örtliche Betäubung der betroffenen Wirbel), notwendig sein, um sicherzugehen, dass die Kissing Spines die Schmerzquelle sind.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Kissing Spines hängt vom Schweregrad der Erkrankung und vom Einsatz des Pferdes ab. Die wichtigsten Therapieansätze sind:
Konservative Behandlung
Durch gezielte physiotherapeutische Übungen wird die Rückenmuskulatur gestärkt, was die Dornfortsätze entlasten kann. Osteopathische Behandlungen können außerdem Verspannungen und Blockaden lösen.
Ein gezieltes Aufbauprogramm zur Muskelkräftigung im Rücken- und Bauchbereich ist entscheidend. Dazu gehören Arbeit an der Longe, Cavaletti-Training und Stangenarbeit.
Entzündungshemmende Medikamente wie NSAIDs (nicht-steroidale Entzündungshemmer) lindern Schmerzen und Entzündungen. Cortison kann ebenfalls zur Schmerzreduktion eingesetzt werden, muss jedoch vorsichtig angewendet werden. In manchen Fällen werden lokale Anästhetika und Cortison in die betroffenen Dornfortsätze injiziert, um die Schmerzen gezielt zu lindern.
Operative Behandlung
In schweren Fällen, in denen konservative Maßnahmen nicht greifen, kann eine Operation nötig werden. Dabei werden entweder einige Dornfortsätze teilweise entfernt oder die Muskeln zwischen den Dornfortsätzen durchtrennt, um den Druck zu entlasten. Die Operation birgt allerdings Risiken und erfordert eine lange Rehabilitationsphase.
Alternative Ansätze
Akupunktur und Chiropraktik können in einigen Fällen zur Schmerzlinderung beitragen. Schmerztherapie mit Laser oder Stoßwellen sind zwar noch weniger etabliert, zeigen jedoch in einigen Fällen positive Effekte bei der Schmerzlinderung und Förderung der Heilung.
Vorbeugung von Kissing Spines
Präventive Maßnahmen sind entscheidend, um Kissing Spines zu vermeiden, insbesondere bei jungen oder intensiv trainierten Pferden. Die wichtigsten Vorbeugemaßnahmen sind:
Passender Sattel: Ein gut angepasster Sattel verhindert punktuelle Belastungen und fördert eine gleichmäßige Gewichtsverteilung.
Rückengerechtes Training: Achten Sie darauf, dass Ihr Pferd über den Rücken arbeitet. Gymnastizierende Übungen wie Stangenarbeit, Biegungen und Übergänge fördern die Rückenmuskulatur.
Muskelaufbau: Ein gezielter Muskelaufbau vor allem in der Rücken- und Bauchregion trägt zur Stabilisierung der Wirbelsäule bei und schützt die Dornfortsätze vor übermäßigem Druck.
Regelmäßige Kontrollen: Frühzeitige Untersuchungen und physiotherapeutische Behandlungen helfen, Fehlbelastungen zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern.
Vermeidung von Überlastung: Gerade junge Pferde sollten langsam an körperliche Belastungen herangeführt werden, um das Risiko für Rückenschäden zu minimieren.
Leben mit Kissing Spines: Was Pferdebesitzer beachten sollten
Kissing Spines erfordern oft eine Anpassung der täglichen Arbeit mit dem Pferd, um das Tier schmerzfrei und gesund zu halten. Das Training sollte mit Ruhe und Geduld erfolgen, ohne das Pferd zu überfordern.
Passen Sie das Training je nach Tagesform und Belastbarkeit des Pferdes an. Vermeiden Sie belastende Übungen wie Sprünge oder intensive Dressurarbeit, wenn das Pferd Beschwerden zeigt. Gymnastizierende Arbeit an der Longe oder im Gelände kann schonender sein.
Regelmäßige physiotherapeutische oder osteopathische Behandlungen können helfen, die Muskulatur zu entspannen und die Beweglichkeit zu fördern. Eine kontuinuierliche tierärztliche Kontrolle kann ebenfalls den Fortschritt der Erkrankung zu überwachen und das Behandlungskonzept anzupassen.
Fazit: Kissing Spines managen und die Lebensqualität verbessern
Kissing Spines sind für Pferdebesitzer eine Herausforderung, aber die Lebensqualität eines betroffenen Pferdes lässt sich durch gezielte Maßnahmen erheblich verbessern. Mit der richtigen Diagnose, individuellen Behandlungsstrategien und präventiven Maßnahmen kann die Erkrankung kontrolliert und die Beschwerden minimiert werden.
Ein achtsamer und fürsorglicher Umgang mit dem Pferd, kombiniert mit fundierter tierärztlicher und therapeutischer Betreuung, sind der Schlüssel zu einem erfüllten Leben für Pferde mit Kissing Spines.
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