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Brände auf Maui: Pferde helfen den Überlebenden, ihren Schmerz zu verarbeiten

Aktualisiert: 1. Dez. 2024

Ein Jahr nach den verheerenden Bränden auf Maui kämpfen Tausende Bewohner noch immer mit dem Verlust von Angehörigen, ihrer Heimat und ihrer Lebensweise. Doch auf der Spirit Horse Ranch finden viele Trost – dank der heilenden Verbindung zu Pferden.

Traumatherapie mit Pferd
(Quelle: @2024 The Associated Press)

Die Brände auf Maui im August 2023 zerstörten nicht nur Gebäude, sondern auch die Lebensgrundlage Tausender Menschen. Mindestens 102 Menschen verloren ihr Leben, 12.000 wurden vertrieben. Für Überlebende wie Janice Dapitan ist der Schmerz allgegenwärtig.


Ihre Heimatstadt Lahaina liegt in Trümmern, ihre Familie ist zerrissen: Ihre Tochter floh mit ihren Kindern nach Las Vegas, das Zuhause ihrer Verwandten ist zerstört. Nur das Haus von Janice und ihrem Mann Kalani blieb verschont, doch der Blick auf die verbrannte Landschaft erinnert sie täglich an das, was sie verloren haben.


„Es gibt so viele Auslöser“, sagt Janice. „Manchmal ist es okay, manchmal nicht. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen.“

Ein Jahr nach der Tragödie: Leben im Ausnahmezustand


Einen Moment des Friedens fand Janice kürzlich auf der Spirit Horse Ranch, einer Stunde entfernt von Lahaina. Dort bietet Gründerin Paige DePonte eine Therapieform an, bei der Pferde Menschen helfen, ihre Traumata zu verarbeiten. In einer ihrer Sitzungen saß


Janice in einem Pferch, während das Pferd Maverick, ein 22-jähriger Tennessee Walker, in der Nähe war. Mit einer sanften Bewegung ließ sie ihren Kopf auf Mavericks Rücken sinken und begann zu weinen.


„Er lässt mich einfach bei ihm anlehnen“, erzählt Janice. „Das Gefühl, dass jemand für mich da ist, hilft mir zu heilen.“

Die Verbindung zu den Tieren schafft einen Raum, in dem Überlebende wie Janice und Kalani ihre Gefühle ausdrücken können, ohne Worte finden zu müssen.


„Bevor wir die Pferde überhaupt getroffen haben, war ich schon in Tränen“, sagt Kalani. „Die Ruhe hier bricht alle Mauern.“

Heilung, die tiefer geht


Die Therapie auf der Ranch geht weit über das Reiten hinaus. Die Teilnehmer führen die Pferde, bürsten sie oder verbringen einfach Zeit mit ihnen, während sie mithilfe von Techniken wie Brainspotting ihre traumatischen Erfahrungen aufarbeiten.


Laut DePonte, die das Programm nach ihrer eigenen Trauma-Erfahrung ins Leben gerufen hat, liegt die Stärke der Pferde darin, dass sie „immer im Moment leben – nicht an morgen denken, nicht an gestern.“


Seit ihrer Gründung im Jahr 2021 hat die Ranch über 1.300 Sitzungen für Betroffene angeboten. Für viele Überlebende, die durch die Instabilität ihres Alltags – ständige Wohnungswechsel, der Verlust von Jobs und sozialem Umfeld – zusätzlich belastet sind, bietet dieser Ort eine dringend benötigte Zuflucht.


Kulturelle Wurzeln als Teil der Heilung


Neben der Pferdetherapie unterstützen auf Maui auch andere Programme die Bewohner dabei, ihre Verbindung zur Heimat und zur Natur wiederzufinden. Mit traditionellen hawaiianischen Heilmethoden wie lomilomi (Massage) und kukakuka (tiefgehende Gespräche) helfen kulturelle Praktiker den Betroffenen, Körper und Geist zu stärken.


In Gemeinschaftsprojekten wie dem Wiederaufbau von Taro-Feldern oder kulturellen Workshops entdecken Familien wie die von Aviva Libitsky einen neuen Fokus. „Es hilft, diese rastlose Energie in etwas Nützliches zu kanalisieren“, erklärt sie.


Eine neue Welle des Bedarfs


Während die Menschen auf Maui versuchen, in ihrem zweiten Jahr nach der Katastrophe Fuß zu fassen, treten viele Emotionen jetzt erst zutage. Die letzten Betroffenen ziehen aus Notunterkünften in Übergangswohnungen, und der abrupte Stillstand bringt neue Herausforderungen.


„Dieser Moment der Ruhe bringt oft die tiefsten Gefühle ans Licht“, sagt Justina Acevedo-Cross von der Hawaii Community Foundation.


Auch Kalani und Janice Dapitan spüren die Unsicherheit, die über Lahaina schwebt. „Wir haben keine Heimatstadt mehr“, sagt Kalani. Besonders als Native Hawaiian sorgt er sich um die kulturelle Identität seiner Gemeinschaft und die Zukunft Lahainas.


Trost in einer ungewissen Zeit


Auf der Spirit Horse Ranch finden die Dapitans jedoch einen Moment der Ruhe. „Die Pferde helfen uns, im Hier und Jetzt zu bleiben“, sagt Janice. Nach einer Sitzung schrieb sie auf ein Whiteboard, wie sie sich fühlte. Ein einziges Wort reichte aus: „Entspannt.“


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